Draußen war es stockfinstere Nacht. Kalte Windböen rissen die letzten Herbstblätter von den Bäumen. Im Park des Schlosses schwankte ein Windlicht. Feuchtes Laub wurde aufgewirbelt. Die kahlen Äste schlugen peitschend gegeneinander. Castle Ghost Ground rüstete sich zum Winterschlaf. Durch die dunklen Gänge huschte eine zierliche Gestalt. Sehr helles Blondhaar leuchtete zuweilen als weißer Fleck hinter einer schwarzen Fensterscheibe auf. Was trieb dieses junge Blut durch das schlafende. Schloß? Ein ungewöhnliches Geräusch ließ das Mädchen auf einmal zusammenfahren. Es brauchte mehrere Sekunden, um im verschwommenen Hintergrund einen Mann zu erkennen.Er stand unbewegt. Böse Ahnungen überkamen das Mädchen, aber es schlug sie in den Wind, indem es leise zu pfeifen anfing. Nervöses Gelächter drang aus der Dunkelheit. Wenig später zuckte ein bläuliches Flämmchen auf, flackerte, als wollte es jeden Augenblick wieder erlöschen. Ein tiefschwarzer Anzug wurde sichtbar, mit goldenen Knöpfen, deren Gleißen unwirklich schien. Eine Welle der Angst überlief das Mädchen kalt. Ahnte es, was sich für diese Nacht und die frühen Morgenstunden zusammenbraute? War es womöglich beteiligt an dem Unheil, das wie eine dunkle Wolke über den Köpfen der Festgäste heraufzog? Morgen sollte der Ball der Gräfin Lucia stattfinden: Morgen wurde diese geheimnisumwitterte Frau achtzig. Das junge Mädchen schüttelte sich, mußte es doch daran denken, daß man der Gräfin nachsagte, sie habe durch das Trinken von warmem Blut die Unsterblichkeit erlangt. Und da war der schwarzgekleidete Mann. Die Angst preßte dem Mädchen ein Stöhnen über die Lippen. Zaghaft rief es: »Ist da jemand?« »Kehre um...!« Die rauhe Stimme schien durch einen Nebelvorhang zu kommen. Oder hatte sich das Mädchen getäuscht? War die Stimme gar keine Stimme gewesen? Spielten ihm die überreizten Nerven einen Streich? Hielt es das Wimmern des Windes für Stimmen?
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