»Nun mach schon, Mädchen.« Marc Weiß raufte sich die Haare. Es war zum Verrücktwerden. Die Kleine stand in der Landschaft herum, als ob sie nicht bis drei zählen konnte. »´n bißchen mehr Pfeffer, wenn ich bitten darf. Wir drehen hier keinen Heimatfilm. Also los, noch mal von vorn!« Er ließ die Flüstertüte sinken und wandte sich an den Mann hinter der Kamera. »Die schafft mich noch. Wenn das nicht die letzte Szene wäre, dann würde ich sie kurzerhand feuern.« »Du hast sie doch höchstpersönlich entdeckt«, gab Rainer Sieben zurück. »Mir wäre eine Schauspielerin auch lieber, aber wenn du jemanden ins Bett locken kannst, bekommt sie prompt ´ne Rolle versprochen.« »Hör auf«, sagte Marc ärgerlich. »Meinst du, daß ich meine Schwächen nicht kenne?« »Ist schon gut. Versuchen wir das Beste daraus zu machen.« Der Kameramann holte tief Luft. Sieber war ein Kerl wie ein Baum, und er hatte ein Stimmvolumen, das ihm die Flüstertüte ersetzte. »Mädchen«, rief er, »deine Hände mögen ja recht hübsch sein, aber wenn du sie andauernd vor dem Gesicht hast, können wir gleich ´ne Pantomime drehen. Also laß sie da, wo sie hingehören, verstanden? Nämlich unten. Maske bitte. Die roten Flecken auf den Wangen der Schönheit machen sich ebenfalls sehr ungünstig.« Elvira Müller-Mersen, die Maskenbildnerin, schnappte sich ihr Köfferchen. Bei Susanne, der weiblichen Hauptdarstellerin, angekommen, begann sie sogleich etwas Bräune aufzutupfen. »Reiß dich zusammen«, sagte sie leise, »Marc ist kurz vorm Überschnappen. Du hast nur noch eine einzige Totale, und die wirst du auch noch schaffen.« »Ich kann bald nicht mehr«, seufzte Susanne. Sie war eine bildhübsche junge Frau. Zweiundzwanzig Jahre alt, lange blonde Locken fielen ihr bis über die Schultern. Ihr Gesicht war fein geschnitten, fast asketisch, mit hervortretenden Wangenknochen. Aber gerade das machte sie so interessant. Wenn sie lächelte, verstummten die umstehenden Männer. Im Augenblick trug sie ein bodenlanges, hellblaues Kleid. Der weite Ausschnitt zeigte leicht vibrierende Brustansätze. Es war zu verstehen, daß Marc auf sie geflogen war. »Susan-Darling« – die Müller-Mersen hatte sich den amerikanischen Filmjargon angewöhnt – »zeig denen, was in dir steckt. Du bist bei weitem die beste Schauspielerin, die dieser arrogante Sieber jemals vor der Kamera gehabt hat.
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